Anorganische Chemie
Prof. Dr. Werner R. Thiel

Quantenchemische Rechnungen zu Reaktionsmechanismen
1. Zirkonium-katalysierte Oxidation von Aminen

 
 

1. Zirkonium-katalysierte Oxidation von Aminen

Reaktionsmechanismen können allein mit spektroskopischen Methoden oft nicht ausreichend aufgeklärt werden. Ein Beispiel hierfür ist die katalytische Oxidation primärer Amine zu Nitroverbindungen mit Zirkoniumalkoholaten, die erstmals von der Arbeitsgruppe Krohn (Univ. Paderborn) beschrieben wurde.

Die Reaktion verläuft über Hydroxylamine und Nitrosoverbindungen als Intermediate, d. h. das Reaktionszentrum des Substrats (N-Atom) wird mit fortschreitender Oxidation immer elektrophiler. Peroxide sind jedoch ebenso in der Lage, durch Tautomerie oder h2-Koordination von Elektrophil zum Nucleophil zu wechseln. 

Für den realen Katalysator Zr(OtBu)4 der im Gegensatz zu anderen Zr-Alkoholaten monomer vorliegt, wurde, um die Rechenzeit im akzeptablen Rahmen zu halten Zr(OMe)4 als Modellverbindung ausgewählt. Sauerstoffquelle war Methylhydroperoxid anstelle von TBHP, als Modellsubstrat wurde Methylamine (statt Anilin) gewählt. 

Durch Austausch von OMe- gegen OOMe-Liganden sind in exothermen Reaktionen Komplexe des Typs Zr(OMe)x(OOMe)4-x (x = 0-4) zugänglich. Die Exothermie beruht auf einer zunehmenden Stabilisierung des Lewis-aziden Metallzentrums mit steigender Zahl h2-koordinierender OOMe-Liganden. Aufgrund sterischer und elektronischer Überlegungen wurde Zr(OMe)3(OOMe) als Modellsystem für den Sauerstofftransfer auf MeNH2 ausgewählt. 

Die Wechselwirkung von MeNH2 mit Zr(OMe)4 und Zr(OMe)3(OOMe) ergibt zunächst die trigonal bipyramidal Addukte Zr(OMe)4(MeNH2) bzw. Zr(OMe)3(OOMe)(MeNH2), in denen der Amin-Ligand in axialer Position koordiniert. 

Für die Isomere mit equatorial koordiniertem Amin konnte das Energieprofil für die Umlagerung zu Isomeren mit axial koordiniertem Amin berechnet werden. Die Umlagerung verläuft über eine Berry-Rotation.

In der Literatur wurde für die Zirkonium-katalysierte Aminoxidation postuliert, daß die Oxidation über Zirkoniumamide verlaufen sollte. Allerdings werden Metallalkoxide durch Alkoholyse von Metallamiden erhalten und nicht umgekehrt, was wir für die Systeme Zr(OMe)3(NHMe) und Zr(OMe)2(OOMe)(NHMe) durch Rechnungen bestätigen konnten. Die Alkoholabspaltung unter Amidbildung aus Zr(OMe)4(MeNH2) bzw. Zr(OMe)3(OOMe)(MeNH2) ist stark endotherm, damit scheidet die Amidbildung als Elementarschritt im Reaktionsmechanismus aus.

Für die einzelnen Oxidationsschritte, die vom Amin zur Nitroverbindung führen, wurden jeweils die Übergangszustände und die Ausgangsverbindungen und Produkte sowohl für die unkatalysierten (rote Linie) als auch für die katalysierten Reaktionen (ohne Amid: grün; mit Amid: blau) berechnet. Sowohl für die Oxidation des Amins zum Hydroxylamin als auch für die Oxidation des Hydroxylamins zur Nitrosoverbindung konnte gezeigt werden, daß das Sauerstoffatom als Elektrophil am lone-pair des Stickstoffatoma angreift. Die entsprechenden N-Oxide lagern danach unter Protonenwanderung und Wasserabspaltung zu den Zielverbindungen um.

Im Gegensatz dazu wird die elektronendefizitäre Nitrosoverbindung nicht unter elektrophilem sondern nucleophilem Sauerstofftransfer (Angriff auf das antibindende Orbital der N=O-Einheit) zur Nitroverbindung oxidiert.

Die berechneten thermodynamischen Daten der gesamten Reaktionssequenz finden sich in der folgenden Abbildung.



 
 
 




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W. R. Thiel, 30.09.2004 stat