Bericht des Dekans des Fachbereichs Chemie, Prof. Dr. Gereon Niedner-Schatteburg, anlässlich des Neujahrsempfangs für die Mitarbeiter des FB Chemie am 15.1.04

 

Ereignisse im Jahr 2003

 

Eine einmalige, zentrale Aufgabe für den Fachbereich Chemie war die Ausrichtung und Gestaltung des Jahres der Chemie, das in 2003 bundesweit erstmals ausgerufen wurde. Der FB Chemie hat dazu ein attraktives Programm gestaltet, das zunächst aus Tagen der Fachrichtungen bestand. Die einzelnen Veranstaltungen können der folgenden Liste entnommen werden.

 

Tag der Technischen Chemie                  11.02.2003

                                                            Prof. Dr. Peter Claus, TU Darmstadt

                                                            Silber und Gold: Alte Metalle im neuen Glanz der Katalyse

 

Tag der Lebensmittelchemie                   8.05.2003

                                                            Prof. Dr. Peter Winterhalter, TU Braunschweig

                                                            Mythos Bioaktivität pflanzlicher Lebensmittel –

                                                            was wissen wir wirklich?

 

Tag der Physikalischen Chemie              5.06.2004

                                                            Prof. Dr. Christoph Bräuchle, Universität München           

                                                            Beobachtung eines einzelnen Virus auf seinem

                                                            Infektionsweg in eine lebende Zelle

 

Tag der Anorganischen Chemie               26.06.2003

                                                            Prof. Dr. Karl Wieghardt, MPI für Strahlenchemie, Mühlheim

                                                            Ultraspurenelemente in der Biologie: wozu werden sie gebraucht

 

Tag der Biochemie                                 10.07.2003

                                                            Em. Prof. Dr. Gerhard Habermehl, Universität Hannover

                                                            Gifttiere und ihre Waffen

 

Tag der Organischen Chemie                  27.11.1003

                                                            B. Brackmann, Firma Cognis Deutschland, Düsseldorf

                                                            Multitalent nachwachsende Rohstoffe

 

 

Jeder dieser Vorträge wurde durch ein Rahmenprogramm ergänzt, das die ausrichtende Fachrichtung in Eigenverantwortung gestaltet hat, und das dazu diente, die Kaiserslauterer Arbeitskreise und die dort vertretenen Forschungsrichtungen vorzustellen.

 

Zum Höhepunkt des Jahres der Chemie wurde sicherlich der Tag der offenen Tür am 20.09.2003, der ja mit unserem Alumni-Treffen eingeläutet wurde. Mit über 400 Besuchern erzielte der Tag der offenen Tür eine Resonanz, die weit über unseren eigenen Erwartungen lag. Besonders schön war es, zu sehen, mit welcher Begeisterung die Kinder an die angebotenen Versuche herangingen, und wie sie die Experimente im Vortrag von Herrn Sitzmann zum Leben und Wirken von Justus Liebig verfolgten. Hier sind sicherlich die Grundsteine für die Karrieren einiger “Nachwuchsforscher” gelegt worden.

 

Mit Sicherheit haben die wohlüberlegten Aktivitäten der Kaiserslauterer Chemie einige echte und neue Anknüpfungspunkte für das weitere Werben des Fachbereichs in der Öffentlichkeit gefunden. Wir erhoffen uns daraus eine gesteigerte Attraktivität für potentielle, zukünftige Studierende und eine breitere Akzeptanz für unsere Anliegen. Um so trauriger ist es, dass dieser positiven Entwicklung die landes- und universitätsweite Finanzmisere (siehe unten) entgegenwirkt und unsere bisherigen Erfolge in der Öffentlichkeitsarbeit zunichte zu machen droht.

 

 

Über das Jahr 2003 verteilt hat es etliche Entwicklungen im Personalbereich gegeben. Die wichtigsten Änderungen möchte ich kurz zusammenfassen.

 

Zum 1. April hat Herr Priv. Doz. Dr.-Ing. J. Hartung (Würzburg) als Nachfolger von Herrn Prof. Regitz seinen Dienst in der Fachrichtung Organische Chemie aufgenommen und wurde zum Universitätsprofessor ernannt. Bereits jetzt können wir sagen, dass Herr Hartung sich als neuer Kollege bestens eingelebt hat und “unsere” Organische Chemie sicherlich positiv weiterentwickeln wird.

 

Am 20. Mai 2003 hatten wir die ehrenvolle Pflicht, Herrn Prof. F. Preuss in den wohlverdienten Ruhestand zu verabschieden. Dafür hat der Fachbereich eine kleine Feier organisiert, mit Prof. Dr. W. Sheldrick, Universität Bochum, als Festredner, der über BioorganometallchemieAnwendungsbeispiele und Perspektiven einer jungen Forschungsrichtung vortrug. Ganz besonders bedanken wir uns bei Herrn Kollegen Preuss dafür, dass er noch mehrere Semester über seine eigentliche Emeritierung hinaus eine Lehrvertretung in der Anorganischen Chemie wahrgenommen hat.

 

Am 22. Mai 2003 hat der Präsident der Universität, Herr Prof. H. Schmidt, auf Vorschlag des Fachbereichs Chemie, in einer kleinen Feierstunde im Chemiegebäude Herrn Dr. Ulrich Fischer (Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Weinbau, Neustadt a. d.W.) eine Honorarprofessur verliehen. Herr Dr. U. Fischer nimmt seit langem einen Lehrauftrag im Bereich der Lebensmittelchemie wahr, und ist dem Fachbereich eng verbunden. Seine önologische Kompetenz stellte er im Anschluss an die Verleihung mit Wein und Sekt aus selbst geernteten und selbst gekelterten Trauben hervorragend unter Beweis.

 

Frau PD Dr. D. Marko wurde mit Wirkung vom 1.11.2003 zur Juniorprofessorin ernannt. Sie arbeitet im Bereich der Lebensmittelchemie und wird in Zukunft die Kollegen Eisenbrand und Schrenk aktiv unterstützen.

 

Nachdem Herr Prof. Comba (Heidelberg) den Ruf auf die C4-Professur Anorganische Chemie (Nachfolge Prof. Kreiter) abgelehnt hat, erging vom MWWFK ein Ruf an Herrn Prof. Heinrich Lang (TU Chemnitz). Die Verhandlungen mit Herrn Prof. Lang dauern an und sollen demnächst abgeschlossen werden. (Nachträgliche Anmerkung: Inzwischen hat auch Herr Lang den Ruf abgelehnt, der jetzt an Herrn Prof. Thiel, ebenfalls Chemnitz, ergangen ist.)

 

Das MWWFK hat des Weiteren einen Ruf auf eine neue C3-Professur für Biochemie am Fachbereich Chemie an Herrn Priv. Doz. Dr. Thomas Kietzmann (Uni Göttingen) ausgesprochen. Hier konnten die Verhandlungen zur Ausstattung der neuen Professur vor kurzem erfolgreich abgeschlossen werden.

 

Zwei Gastprofessoren gibt es hervorzuheben. In der Physikalischen Chemie ist Dr. Sotiris Xantheas vom Pacific Northwest National Laboratory, U.S.A. für neun Monate zu Gast, und in der Lebensmittelchemie war für zwei Monate Prof. Jae-Ho Yang von der Catholic University of Daegu, Süd-Korea, zu Besuch.

 

Stellvertretend für alle langjährigen und verdienten Mitarbeiter, sei hier auf drei einzelne und vielleicht besondere Ereignisse hingewiesen. Herr Dr. B. Weber, langjähriger Leiter der Analytikabteilung in der Organischen Chemie,   ist seit 1.8.2003 im Ruhestand.

 

Zwei “runde” Geburtstage galt es zu würdigen: Im Januar wurde Herr Prof. Himbert 60 Jahre alt. Dazu veranstaltete der Fachbereich am 21.März eine kleine Feierstunde mit launiger Laudatio und Prof. Dr. Maaß als Festredner, der zum Thema Aminoallene – vielseitige Vorstufen für Stickstoff-Heterozyklen sprach.

 

Nur knapp drei Monate später galt es, Prof. W.  Trommer zu würdigen, der am 11. Juni ebenfalls 60 Jahre alt geworden ist. Dazu haben wir einen weiteren festlichen Nachmittag ausgerichtet, und zwar am 13. Juni. Bemerkenswert war dabei, dass aus diesem Anlass alle (!) vier ehemaligen Präsidenten der Universität, Prof. Dr. Helmut Ehrhardt, Prof. Dr. Dieter Maaß, Prof. Dr. Klaus Landfried und Prof. Dr.-Ing. Günter Warnecke und der amtierende Präsident, Prof. Dr. Helmut Schmidt sowie der Kanzler, Herr Stefan Lorenz erschienen sind, um dem ehemaligen Vizepräsidenten Trommer die Ehre zu geben. Nach Laudatio mit Bildern aus der Jugendzeit wurde unserem Kollegen Trommer als Geschenk des Fachbereichs eine Bronzeskulptur von Gernot Rumpf überreicht - ein Unikat, zu diesem Anlass angefertigt. Die Skulptur stellt eine Katze auf einem ESR-Magneten dar, eine gelungene Idee. Zum Festvortrag haben wir Prof. Dr. Klaus Möbius gewinnen können, der über Elektronenspin-Resonanz bei hohen Magnetfeldern: Struktur und Dynamik von spinmarkierten Proteinen bei kanalbildenden Prozessen vortrug.

 

Wie jedes Jahr, so galt es auch in 2003 einige Preisverleihungen durchzuführen. Der Steinhofer-Preis 2002 wurde am 16. Mai an Frau Dr. Silke Conrad und Herrn Marc Brulport verliehen. Anlässlich der Preisverleihung konnte auch in diesem “besonderen” Jahr ein namhafter Festredner gewonnen werden, Prof. Dr. Drs. h.c. Kurt Wüthrich – Nobelpreisträger für Chemie 2002, der über Strukturaufklärung von Proteinen mit Hilfe der NMR-Spektroskopie vortrug.

 

Die Procter & Gamble-Preise 2002 wurden am 11. Februar für die drei besten Vordiplome im Rahmen einer GDCh Veranstaltung feierlich verliehen.

 

Die Einschreibungen neuer Studierender haben erfreulicherweise wieder den im Vorjahr stark angestiegenen Umfang erreicht. Im Sommer- und im Wintersemester haben zusammen 155 Studierende neu in der Chemie angefangen. Davon entfielen auf die einzelnen Studiengänge folgende Anteile:

Diplom-Chemie                                      62

Lehramt Gymnasien                               30

Lehramt Realschule                                 5

Kontaktstudium                                       4

Lebensmittelchemie                               14

Wirtschaftschemie                                 10

Wirtschaftsingenieurwesen/Chemie                     22

Promotionsstudium                                  8

 

Dabei zeigte sich erstmals eine deutliche Verlagerung der Ersteinschreibungen vom Winter- auf das Sommersemester. Im WS 2003/2004 hatte die Chemie insgesamt etwas über 600 Studierende. Erfreulich war auch die nach wie vor bemerkenswerte Anzahl von 16 Promotionen, die in 2003 ihren Abschluss fanden, davon vier mit Auszeichnung.

 

 

Erwähnenswert ist noch, dass es dem Fachbereich Chemie nach jahrelangem Ringen zum Sommer gelungen ist, das neue Fachbereichslogo zusammen mit zwei großen und weithin lesbaren Schriftzügen “Chemie” über Haupt- und Seiteneingang des Chemiegebäudes anbringen zu lassen. Bisherige Versuche scheiterten an der zwingenden Auflage, dass jegliche Kennzeichnung sich ohne weiteren Schaden wieder entfernen lassen muss. Schließlich konnte das Problem durch farbige, lichtechte und wetterfeste Klebefolien gelöst werden. Beides, Schriftzug und Logo, in blau-rot, wirken auf dem weißen Untergrund der Gebäudeaußenwand ganz hervorragend und tragen damit jetzt auch unsere Identität nach außen.

 

Bei der Großgeräteausstattung des Fachbereiches mit allen zur Verfügung stehenden Geräten gibt es Positives zu vermelden. Die Neubeschaffung eines 600 MHz NMR-Spektrometers mit drei Anregungskanälen und HPLC-Kopplung wurde im Rahmen eines HBFG-Verfahrens genehmigt. Mit Lieferung und Installation ist in der ersten Hälfte 2004 zu rechnen. Für den Betrieb verantwortlich zeichnen wird die Anorganische Chemie.

 

Darüber hinaus ist es dem Fachbereich Chemie gelungen, via Bewilligung eines weiteren HBFG-Vefahrens ein Hochleistungs-Tandem-Massenspektrometer zu beschaffen, das auf dem Reflektron-Time-of-Flight Verfahren (ReTOF) beruht und mit einer Festphasenionenquelle via MALDI-Technik ausgestattet ist. Dank der im Prinzip vollständigen Automatisierung des Messbetriebes werden wir mit diesem Gerät einen hohen Probendurchsatz fahren können. Für den Betrieb werden hier die Organische- und Physikalische Chemie gemeinsam sorgen.

 

Bevor wir zur aktuellen Lage des Fachbereichs kommen, sollte zunächst einmal die Arbeit all derjenigen gewürdigt werden, die tag-täglich am Fachbereich Chemie und für den Fachbereich den Alltagsbetrieb aufrechterhalten, ohne dass ihnen dafür regelmäßiger Dank zukäme. Ohne unsere fleißigen Helfer, die ohne großes Klagen den Ochsenkarren ziehen, wären wir verloren und könnten dicht machen. Ich denke dabei an das Dekanat und die Abteilungssekretariate, an die Techniker und Laborassistenten in den Abteilungen, aber auch an die Lagerverwaltung. Ihnen allen ein herzliches Dankeschön für Ihre wertvolle Arbeit.

 

Umso trauriger stimmt es uns alle, dass sich der Fachbereich Chemie auch im Jahr 2003 wieder in einer finanziell und personell angespannten Lage befunden hat. Um bleibende Einschnitte in der Funktionalität des Fachbereichs, also der Aufrechterhaltung von Lehre und Forschung zu vermeiden, mussten insbesondere die wissenschaftlichen Mitarbeiter bereits in 2003 eine ständig steigende Belastung durch die Praktika aushalten. Aber auch mehrere der Dozenten wurden zusätzlich gefordert, indem sie die Übernahme weiterer Lehrveranstaltungen auf sich nehmen mussten.

 

Aber es kam noch schlimmer. Zum Ende des Jahres wurde sogar ein universitätsweiter Einstellungsstop auf alle (!) Stellen erlassen, der in noch ausgeweiteter Form (Verlängerungsstopp für Zeitverträge) auch zur Zeit (Februar 2004) noch immer anhält. Die zwischenzeitlich erlassene Haushaltssperre vom September 2003 wurde dagegen immerhin aufgehoben. Das hilft aber wenig weiter im Vergleich zur Stellensperre, die die Chemie am Lebensnerv trifft, denn ohne Assistenten - keine Praktika, ohne Praktika - keine Scheine etc. Sofern die zunächst angedachten Modelle umgesetzt werden, sind im Laufe des Jahres 2004 fast 3/4 der wissenschaftlichen Mitarbeiterstellen betroffen, und wir brechen zusammen. Deswegen kämpfen wir jetzt gerade um die Vereinbarung tragfähiger Richtlinien für die Umsetzung einer Minderbewirtschaftungsauflage, die uns noch genügend Raum für die Aufrechterhaltung der Lehre belassen würde.

 

 

Immerhin gelang es der gesamten Technischen Universität Kaiserslautern, sich zu solidarisieren und in einem Protestmarsch von über 3000 Studierenden, Mitarbeitern und Professoren (einschließlich Hochschulleitung und Senat) am Mittwoch, dem 18. Februar 2004, zur regulären Tagung der Landeshochschulpräsidentenkonferenz, die zufällig gerade in Kaiserslautern an der Fachhochschule in der Morlauterer Straße zusammenkam, auf die Finanzierungsmisere hinzuweisen. Die öffentliche Resonanz war groß. Ob wir etwas bewirken konnten, bleibt abzuwarten.

 

Ich hoffe, dass ich im nächsten Schreiben über eine akzeptable Lösung berichten kann und bin mir sicher, dass Sie uns die Daumen drücken bei unserem Bemühen, den Fachbereich am Leben zu erhalten.

 

Mit den besten Grüßen

 

GNS